Maulkorb
Das Thema Maulkorb ist immer ein heiss Diskutiertes Thema.
"Mein Hund ist ein ganz lieber, mit dem kann man alles machen. Der lässt sich alles gefallen."
"Meiner braucht auch keinen. Denn ich gehe nie ins Ausland, und nur da müsste mein Hund einen tragen, beispielsweise in den Öffentlichen Verkehrsmittel. Hier in der Schweiz allerdings nicht."
"Ich gehe mit meinem Listenhund nie in Kantone, in dem mein Hund einen Maulkorb tragen muss. Ich bleibe hier wo ich die Bewilligung habe oder in den Kantonen die keine Auflagen haben. Denn wenn ich meinen Hund einen Maulkorb tragen lassen würde, dann werde ich diskriminiert und verstossen. Mein Hund darf dann keinerlei Sozialkontakte haben. Alle flüchten und haben Angst."
Wieso ist das so?
Wenn man auf der Strasse einen Hund sieht, der angeleint ist und einen Maulkorb trägt, entstehen direkt Vorurteile.
"Das muss eine Bestie sein, sonst würde er ja keinen Maulkorb tragen."
"Ist ja klar, dass er einen Maulkorb trägt, denn er ist ja ein Listenhund. Da weiss man ja, dass diese Hunde unberechenbar sind."
"Liebe Hunde müssen ja keinen tragen. Wieso auch? Die tun ja nichts. Also muss dieser Hund gefährlich sein. Hat er vielleicht einen Hund oder sogar ein Kind gebissen? Oder sogar getötet? Er muss eine kantonale Auflage bekommen haben."
Hinzu kommt das ungute Gefühl der Nichthundeführer. Man wird vermehrt angestarrt und muss sich sogar unangenehmen Fragen stellen oder sogar anfeinden lassen. Die Hundeführer die einen maulkorbtragenden Hund führen, müssen ein dickes Fell haben um Fragen entspannt beantworten zu können.
Welche Hunde müssen einen Maulkorb tragen?
Ein schlimmer Grund sind körperliche Schmerzen. Früher oder später wird auch Ihr Hund Schmerzen haben. Sei es, dass er einen Unfall hatte oder er Altersbeschwerden wie Arthrose, Spondylose, o.ä. bekommt. In Situationen in denen der Hund plötzlich Schmerzen hat und/oder sich in einer Schocksituation verteidigt, ist es für jeden Beteiligten sicherer, wenn der Hund den Maulkorb schon kennt und vor allem auch gerne trägt und somit abgesichert ist.
Auch (schmerzhafte) Untersuchungen beim Tierarzt, der Physiotherapie und ähnliches können den Hund ängstigen und verunsichern. Denn meistens ist es so, dass der Hund den Tierarzt negativ verknüpft. Wer geht schon gerne zum Tierarzt? Wir gehen erst, wenn der Hund Krank ist oder zum Impfen. Dazu kommen die vielen, anderen gestressten Tiere im Warteraum.
Ein weiterer Grund für ein gutes Maulkorbtraining, sind die immer wiederkehrenden Giftköderwarnungen. Natürlich kann man ein gutes Anti-Gift-Köder Training machen, jedoch befindet sich ihr verfressener Beagle oder Retriever noch im Trainingszustand. Der Maulkorb wäre hier als Übergangslösung optimal.
In diese Kategorie gehören also nicht nur Hunde, die andere Hunde einfach mal kurz «zerfetzen» wollen. Auch Hunde die (in jungen Jahren) schon unschöne Erlebnisse mit fremden Hunden hatten, möchte ich erwähnen. Je nach Typ Hund kann ein einziges Erlebnis reichen, dass er durch eine Attacke eines anderen Hundes traumatisiert wird. Dadurch kann er «lernen», sich noch so friedliche Artgenossen, vorsorglich mit Aggression vom Leib zu halten.
Der betroffene Hund kann bereits einen guten Trainingsstand haben. Doch man sollte bedenken, dass wir draussen nicht nur auf Hunde treffen, die gut erzogen und abrufbar sind. Man trifft auch Hunde an, die man (noch) nicht rechtzeitig abschirmen kann um den eigenen Hund zu schützen.
In solchen Fällen sollte man den maulkorbtragenden Hundeführer nicht anblaffen, sondern Anerkennung aussprechen, dass er andere Lebewesen schützt!! Leider ist das nicht selbstverständlich.
Festhalten kann man:
- Es hat unterschiedliche Gründe wieso Hunde einen Maulkorb tragen!
- Es kann auch Ihr Welpe sein, der zubeissen wird. Es sind nicht zwangsläufig die Secondhandhunde!
- Trägt der Hund einen Maulkorb, so besteht auch die Möglichkeit, den Hund kontrolliert in schwierigen Situationen anzuleiten, zu unterstützen und zu trainieren. Wir haben so die Chance, ohne ernsthafte Beschädigung des Gegenübers, ein gutes Training zu absolvieren. Der Hund soll lernen, dass Aggression nicht seine gewünschte Wirkung zeigt. Mit der zu Hilfenahme des Maulkorbes können wir dem Hund neue Lösungsstrategien aufzeigen!
Kleinschrittiges positives Maulkorbtraining
Der Hund empfindet die oben beschriebenen Situationen ziemlich sicher von Natur aus stressig. Setzen wir nun den Maulkorb auf ohne ihn trainiert zu haben, bedeutet das für den Hund einen zusätzlichen Stressfaktor. Er wird noch erregter, was eine Behandlung z.B. beim Tierarzt zusätzlich erschweren würde oder die Wanderung mit der Gondel zu einem unschönen Erlebnis machen kann.
Trägt der Hund den Maulkorb nicht gerne, dann verknüpft er zudem alles was im während der Tragezeit begegnet mit seinen negativen Emotionen. Das kann dazu führen, dass der Hund Unsicherheiten gegenüber Menschen, Hunden und anderen Reizen entwickeln kann. So kann der Hund plötzlich aggressives Verhalten gegenüber Reizen zeigen, ohne dass konkret etwas passiert ist.
Aus diesen Gründen ist es wichtig, den Hund frühzeitig und kleinschrittig an den Maulkorb zu gewöhnen. Wenn das Training gut aufgebaut wurde freut sich der Hund, wenn er den Maulkorb tragen darf. Für den Hund ist es nichts Besonderes. Für ihn ist es ein Accessoire mehr, neben dem Halsband, Brustgeschirr und anderem.
Der richtige Maulkorb für Ihren Hund
Es gibt Standardgrössen, Massanfertigungen, von Kunststoff bis hin zu Biothane, Draht und Metalle, mit und ohne Fressschutz. Die Auswahl an Maulkörben ist riesig und für den Einsteiger schwierig den Durchblick zu behalten.
Wichtig beim passenden Maulkorb ist:
- Der Hund muss hecheln können
- Der Hund muss trinken können
- Der Hund muss Leckerli nehmen können
- Der Maulkorb darf nicht in die Augen rutschen
- Der Maulkorb darf nirgends scheuern oder eindrücken
- Der Maulkorb muss so eng sein, dass der Hund diesen nicht abstreifen kann
Beispiele
Knutschi trägt den Maulkorb "Chopo Pitbull Rüde".
Die Breite passt. Das erkennt man daran, dass die Wangenstangen sauber an dem breiten Kopf vorbei gehen. Die Stangen stören somit nicht. Es ist genügend Platz vorhanden für das hecheln. Allerdings ist der Maulkorb noch zu lang. Die Futteraufnahme ist deshalb nicht möglich und er rutscht in die Augen.





Knutschi trägt den Maulkkorb "Klin Kassel Boxer Rüde".
Der Schnitt ist gut, da er schön breit ist und genügend Platz zum hecheln hat. Das schwarze Zusatzgitter kann entfernt werden, was die Futteraufnahme vereinfacht.
Für Knutschi ist dieser Maulkorb etwas zu lang. Das sieht man daran, dass er sehr nah an die Augen kommt. Zudem sticht dieser Maulkorb in die Wangen.


Knutschi trägt den Maulkorb "Draht Boxer" Grösse 6.
Dieser ist für ihn zu klein. Die Wangenstücke des Maulkorbes stechen in die breite Wangenregion.
Er kann kaum hecheln, da die Maulfreiheit nicht optimal gegeben ist. Die zweite Gitterfront stört und schneidet auch ein. Zusätzlich wird durch diese zusätzliche Gitterfront die Leckerliaufnahme gestört. Passt von der Form aber sehr gut. Dieser Maulkorb ist perfekt für die Bulligen Hundeköpfe, da sich der Lederriemen anpasst. Für die relativ kurze Nase ist der Maulkorb passend. Er rutscht nicht in die Augen und sitzt sehr gut. Die Futteraufnahme vom Boden wäre mit Übung möglich.




Yoshi trägt den Maulkorb "Chopo PitBull Rüde".
Der Maulkorb passt sehr gut. Er rutscht nicht in die Augen. An den Seiten ist genug Platz. Darum schneidet er nicht ein. Leckerlis können vom Boden aufgenommen werden. Hecheln ist sehr gut möglich.






Welches Material ist nun geeignet?
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Biothane
- Sind sehr leicht und anpassungsfähig
- Bei optimalem Sitz ist hecheln, fressen und trinken problemlos möglich
- Sind gut zu reinigen
- In unterschiedlichen Farben zu erhalten
- Nicht geeignet für Hunde die ernsthaft zubeissen. Das Material ist einfach zu weich.
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Kunststoff
- Im Fachhandel zu erwerben
- Unterschiedliche Grössen und Ausführungen
- Material ist leicht zu reinigen
- Die Kanten sollten nicht scharf sein, da diese den Hund scheuern können
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Leder
- Unterschiedliche Grössen erhältlich
- Oft weich und leicht
- Schwierig zu reinigen
- Wird das Leder rau, stört das ihren Hund
- Für ernsthafte Bisse ist dieser Maulkorb nicht geeignet
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Draht
- Sehr robust
- Leicht
- Hoher Beissschutz
- Sitzen in der Regel gut
- Oft sind sie mit einem gepolstertem Nasenbügel ausgestattet
- Die Drahtbügel können individuell angepasst werden (hoher Tragekomfort)
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Stahl
- Sind die stabilsten unter den Maulkörben
- Sind sehr schwer
- Oft sitzen sie nicht richtig
- Oft kann der Hund aufgrund des Schnittes nicht richtig hecheln
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Nylon (Maulschlaufen)
- Sind vorne offen
- Sind generell nicht zu empfehlen
- Müssen so eng sitzen, dass der Hund nicht mehr hecheln kann
- Wäre die Schlaufe nicht eng genug, dann gäbe es auch keinen Beissschutz mehr
- Hund wird zusätzlich gestresst
- Erbrechen ist nicht möglich: Der Hund könnte somit an seinem Erbrochenen ersticken
- Ich rate von diesen Nylon-Maulkörben in jedem Falle ab!
Könnt Ihr euch noch immer nicht mit dem Maulkorb (Training) anfreunden? Dann habe ich hier noch ein paar Fragen:
- Gibt es einen Brillenträger der seine Brille störend findet?
- Welcher Hundehalter sucht nicht immer wieder nach neuen Trainingsideen, für das Wohnzimmer bei schlechtem Wetter?
- Welcher Hund hat keine Freude an neuen Herausforderungen?
Maulkorbtraining
Die Maulkorbgewöhnung ist in zwei bis vier Wochen realistisch umsetzbar. Vorausgesetzt das Training findet regelmässig und kleinschrittig statt.
- Der Hund darf sich zuerst mit dem Maulkorb befassen. Der Maulkorb liegt am Boden oder in eurer Hand und er darf diesen dann beschnüffeln. Evtl. liegt mal noch ein Leckerli auf oder in dem Maulkorb.
- Nehmt den Maulkorb in die Hand. Legt ein Leckerli zu hinterst in den Maulkorb. Der Hund muss so die ganze Schnauze in den Maulkorb schieben um an das Leckerli zu kommen. Der Hund muss EIGENSTÄNDIG die Nase reinstecken!! Wir erzwingen nichts. Der Hund soll es als ein lustiges Spiel sehen.
- Nach einigen Wiederholungen sollte der Hund Vertrauen in die Übung haben. Nun könnt Ihr ihn von vorne mit mehreren Leckerlis füttern.
- Wenn Ihr den Hund einen Moment so füttern könnt, dann kommen kleine Pausen zwischen den Leckerlis. So wird der Hund immer länger im Korb verharren, ohne dass er Futter zu kauen hat. Er weiss, dass ein neues Leckerli kommen kann. Anfangs müssen die Futterpausen kurz sein. Der Hund soll seine Schnauze nicht aus dem Maulkorb nehmen. Überlegt er ob er dies tun soll, dann haben Sie eine zu lange Leckerli-Pause gemacht.
- Die Leckerli-Pausen werden immer mehr herausgezögert. Das Ziel ist, dass der Hund einen Moment entspannt im Maulkorb verharrt.
- Habt Ihr Punkt fünf erreicht, dann könnt Ihr nun den Verschluss des Maulkorbes einmal hinter den Ohren des Hundes zuhalten.
Das heisst: zuerst streckt der Hund den Fang in den Korb und bekommt ein Leckerli. Er verharrt, da er durch die Vorübung die Erfahrung gemacht hat, dass er irgendwann wieder eine Belohnung erhält. So können Sie den Verschluss hinter den Ohren mit Ihren Händen zu halten. Ihr Hund bekommt in dieser Position Leckerli. Diese Übung absolviert Ihr so lange, bis der Hund eine Weile in dieser Position entspannt verharren kann. - Nun könnt Ihr den Verschluss des Maulkorbes schliessen.
Das heisst: zuerst streckt der Hund seine Schnauze wieder in den Maulkorb, was Ihr bestätigt. Dann verschliesst Ihr den Maulkorb, was Ihr wieder bestätigt. Mehrere Leckerlis zu verwenden macht Sinn. Den Maulkorb öffnet Ihr bevor es dem Hund zu viel wird und er den Maulkorb selbstständig ausziehen möchte. Ihr müsst den Maulkorb anfangs also nach dem ersten oder zweiten Leckerli womöglich wieder öffnen. Zögert auch bei diesem Trainingsschritt die Belohnungszeit fortlaufend hinsaus. - Der Hund kann nun den Maulkorb eine Weile verschlossen tragen. Macht nun kleine Aufgaben mit ihm; Pfote geben, Sitz, Fuss laufen, Bärli oder ähnliches. Die Aufgaben sollten dem Hund Spass machen. Vergesst nicht den Hund immer wieder zu bestätigen. Auch wenn er das Sitz im Schlaf kann, bestätigt ihn dafür. Es geht darum, dass sich der Hund nicht um den Maulkorb kümmert, sondern dass er Spass hat und spannende Aufgaben mit euch absolvieren kann.
- Nun könnt Ihr die Tragezeit des Maulkorbes in kleinen Schritten steigern!
- Wenn Punkt 9 einwandfrei funktioniert, dann könnt Ihr nun das Tragen des Maulkorbes auch in den Alltag integrieren. Legt eurem Hund auf dem Spaziergang eine Schleppe, legt eine Kuscheleinheit auf der Couch ein oder macht ein Fangspiel.
- Wenn der Hund das Maulkorb tragen als selbstverständlich ansieht, dann habt ihr das optimale Ergebnis erreicht!
Kleiner Tipp:
Für diejenigen die noch Zeit brauchen um den passenden Maulkorb zu finden, Ihr könnt mit dem Training trotzdem gleich starten. Lasst euren Hund euren Joghurtbecher ausschlecken. Danach könnt ihr den Becher zurechtschneiden und den Boden rausschneiden um euren Hund dann von vorne bestätigen zu können.
Damit sich keine Fehler einschleichen, empfehle ich beim Aufbau des Maulkorbtrainings unbedingt die Anwesenheit einer kompetenten Hundetrainerin.
- Ich finde jeder Hund, egal welche Grösse, welche Rassezugehörigkeit oder welche vorhandenen Problemverhalten, sollte den Maulkorb kennen und auch gerne tragen.
- Es ist wie eine Versicherungspolice: Man zahlt ein und hofft diese nie zu brauchen.